Haushaltsrede der SPD-Kreistagsfraktion zum Kreishaushalt 2023

Veröffentlicht am 04.01.2023 in Kreistagsfraktion

In ihrer Haushaltsrede zum Kreishaushalt 2023 betont die Fraktionsvorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Susanne Widmaier, aktuelle Chancen und Herausforderungen für den Landkreis Göppingen:

„Zeitenwende“ ist das Wort des Jahres 2022! Der russische Überfall auf die Ukraine markiere "eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents" - das hatte Kanzler Olaf Scholz kurz nach Kriegsbeginn Ende Februar gesagt. Der Krieg bedroht unsere ganze Nachkriegsordnung. Die deutsche Wirtschafts- und Energiepolitik musste sich in diesem Jahr völlig neu ausrichten. Auch Verhältnisse zu internationalen Partnern wurden kritischer kritisch beleuchtet Bei vielen Menschen hat auch eine emotionale Wende stattgefunden. Bei manchen ist Angst und Sorge vor einem Atomkrieg in Europa oder gar einem dritten Weltkrieg eingekehrt. Die lange geglaubte Sicherheit ein gutes Leben in Wohlstand und Frieden in gewohnter Weise fortführen zu können ist ins Wanken geraten. 

In all den Unsicherheiten hat die Bundesregierung versucht Ruhe und Stabilität zu vermitteln. Schnellschüsse und aufgeregtes Handeln sowie populistische Statements jeder Art sind in Zeiten des Umbruchs, der Krisen und Unsicherheit die falschen Instrumente. Besonnenheit und Gespräche um Lösungen zu suchen sind die Mittel der Wahl, um die Menschen in unserem Land nicht noch mehr zu verunsichern und die demokratischen Werte, die uns in den vergangenen Jahrzehnten Frieden im Inneren und auch in der Außenpolitik beschert haben, nicht in Frage zu stellen. 

So ist es auch in unserem Landkreis wichtig, nach vorne zu blicken, nach Lösungen in den sich veränderten Zeiten zu suchen, gemeinsam daran zu arbeiten, dass sich niemand abgehängt und verloren fühlt. 

Dabei denken wir von der SPD-Fraktion an die Kinder und Jugendlichen die keinen so guten Start ins Leben haben. Die Verunsicherung in den Familien ist groß, oft zeigt sich eine Perspektivlosigkeit auf, die sich auf die Kinder und Jugendlichen überträgt. Alle Instrumente die zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen benötigt werden, sind zu stärken und zu unterstützen. Deshalb bedanken wir uns an dieser Stelle bei allen Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe sowie bei allen Verbänden und Organisatoren die Kinder- und Jugendarbeit in unserem Landkreis betreiben. 

Sie arbeiten aktiv an unserer Zukunft und zeigen den jungen Menschen Perspektiven auf, vermitteln Optimismus und machen diese stark. Ein sehr wichtiges Thema das unsere Fraktion bei allen Treffen immer stark beschäftigt, ist eine gute, ausreichende und zukunftsfähige medizinische Versorgung im gesamten Landkreis. Die demographische Entwicklung macht auch vor der medizinischen Versorgung nicht Halt. Immer mehr niedergelassenen Ärzte gehen in den Ruhestand und gleichzeitig wird es schwieriger Nachfolge für die Praxen zu finden. Menschen die in unseren Landkreis zuziehen, finden kaum mehr eine Hausarztpraxis, die diese Menschen aufnimmt und versorgt. Dies führt dazu, dass in der Notfallambulanz der Alb Fils Klinik deutlich mehr Patientinnen und Patienten Hilfe suchen. Dies ist durch die zentrale Notaufnahme kaum mehr zu leisten. Viele Patienten bleiben unversorgt. Deshalb müssen wir in diesem Bereich im Landkreis und auch in der Gesundheitspolitik insgesamt neue Wege gehen und Lösungen entwickeln. Die Gesundheitsversorgung im Bereich des oberen Filstals steht dabei in besonderem Fokus. Die Kurzzeitpflege wird kommen, die Notfallversorgung soll im kommenden Jahr evaluiert werden. 

Es muss in der Raumschaft eine Anlaufstelle für Notfälle erhalten bleiben. Bei der Nachnutzung des Gebäudes der Helfensteinklinik Geislingen hat für uns eine moderne, ausreichende und innovative medizinische Versorgung der Raumschaft erste Priorität. Dabei stellen wir uns ein Leuchtturmprojekt vor! Es ist im Moment im Bereich der Gesundheitsversorgung vieles in der Diskussion, die Politik erarbeitet andere Systeme und Konzepte der medizinischen Versorgung. Wichtig ist der SPD-Fraktion, dass Räumlichkeiten für neue Strukturen und Versorgungsmöglichkeiten freigehalten bleiben, um diese etablieren zu können. Gleichzeitig beantragen wir, dass eine Gruppe von sachverständigen Personen sich für eine zukunftsorientierte Medizin in der Raumschaft Geislingen einsetzt. Alle Veränderungen und Vorgaben die aus Berlin und Stuttgart kommen rechtzeitig zu erkennen, sich um Genehmigungen und Fördermöglichkeiten zu kümmern soll die Aufgab der Gruppe sein. Dies gemeinsam mit der künftigen „Projekt Leitung“ zur Nachnutzung der Helfensteinklinik zu entwickeln stellt eine große Chance für den Landkreis dar. 

In Deutschland hat der Staat die Pflicht, die Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben zu schaffen und dafür zu sorgen, dass niemand hungern oder während der Heizperiode frieren muss. Für Familien mit Monatseinkommen von 2 000 – 3 000 €, die keine Sozialleistungen beziehen und ein Großteil ihres Einkommens für Nahrung und Wohnung ausgeben müssen, haben sich die Lebenshaltungskosten binnen Jahresfrist nicht um 10, sondern um 15 bis 20 Prozent verteuert. Die Preiserhöhungen bei Energie und Lebensmitteln haben den Anstieg des Mindestlohns aus 12 € längst aufgefressen und auch die Erhöhung der Grundsicherung, die der Wechsel von Hartz IV auf das Bürgergeld bringen soll. Mit den Entlastungspaketen haben Bund und auch die SPD

Länder schnelle Hilfe geleistet. Aber dies wird nicht ausreichen – auf Dauer müssen wir uns vor allen Dingen im Bereich der Energieversorgung und auch mit dem Einsatz von Ressourcen umstellen. Ein „weiter so“ ist für eine unabhängige und bezahlbare Erzeugung von Wärme und Strom nicht möglich. Deshalb müssen auch wir im Landkreis bereit sein neue Wege zu gehen, neu zu denken und Veränderungen eine Chance geben. Dazu sollte dringend eine Projektgruppe, bestehend aus Experten der Energiewirtschaft und auch Dozenten und Forschenden aus unseren Fachhochschulen die komplette Energieversorgung im Landkreis beleuchten und zukunftsfähige Lösungsvorschläge für den Landkreis aufzeigen. Dabei sind viele Facetten zu betrachten: Passt unsere Energieversorgung? Ist Fernwärme genügend ausgebaut? Kann eine Biogasanlage in kommunaler Trägerschaft die Abhängigkeit von Lieferanten reduzieren? Werden Wertstoffe richtig behandelt und der Wiederverwertung oder der Energieversorgung in entsprechendem Maße zugeführt? Ist Müllverbrennung noch der richtige Weg, falls ja, wie kann Abwärme entsprechend gut genutzt werden? Es sind viele Fragen die offen sind bis hin zu der großen Frage bis zu welchem Zeitpunkt der Landkreis klimaneutral sein will. All diese Fragen stehen in Zusammenhang und müssen gesamtheitlich betrachtet und angegangen werden. Es nützt nichts, mit schnellen Entscheidungen wie z. B. bei der Rekommunalisierung des Müllheizkraftwerks nur einzelne Maßnahmen anzugehen, sondern wir müssen das gesamte Gefüge und eventuelle Abhängigkeiten betrachten, um den Landkreis zukunftsfähig aufzustellen. 

In jeder Haushaltsberatung wird aufgezeigt, dass die Kreisumlage gerade ausreicht, um den Sozialbereich, im kommenden Jahr 133,7 Mio. €, entsprechend zu finanzieren. Diese Analyse ist korrekt. Sie darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass 27 700 Personen, davon ca. 9 250 Kinder und Jugendliche, im Landkreis unterstützt werden. Diese Personen benötigen unsere Hilfe um ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Die SPD-Fraktion wird dem von der Verwaltung eingebrachten Vorschlag zur Höhe der Kreisumlage in Höhe von 32,5 % Punkten deshalb zustimmen. Die Verbesserung durch das um 3,8 Mio. geringere Defizit der Alb Fils Kliniken sowie die Mehreinnahmen durch Zuschüsse und somit eine Verbesserung um 4,09 Mio. € nehmen wir freudig zur Kenntnis. Die Entnahme aus der Ergebnisumlage kann dadurch geringer ausfallen. Die Ergebnisrücklageentnahme beträgt für das Jahr 2023 immerhin 15,9 Mio. €. Auch die aktuelle Finanzplanung 2023-2025 zeigt weiterhin einen unausgeglichenen Ergebnishaushalt, weitere Rücklagenentnahmen werden erforderlich. Bis zum Jahr 2030 wird diese Rücklage deutlich abschmelzen, wir sind gespannt wie sich die Haushalte des Landkreises dann darstellen werden. Die Energiekosten im kommenden Jahr sind nicht bezifferbar, da heißt es abzuwarten. Wir haben große Projekte vor uns wie die Erweiterung des Berufsschulzentrums sowie der Neubau der Bodelschwinghschule in Geislingen. 

Auch die Aufwendungen im Bereich des ÖPNV werden durch Verbesserungen im Angebot aber auch durch steigende Energiekosten zu Buche schlagen. Ob durch die Einführung des 49 € Tickets, das wir ausdrücklich sehr begrüßen, noch weitere Kosten auf den Landkreis zukommen, bleibt abzuwarten und wollen wir nicht hoffen. Bis heute liegen uns keine weiteren neuen Zahlen z. B. aus der Novembersteuerschätzung seit der HH- Einbringung vor. Wir werden dem Beschlussvorschlag zur Verabschiedung der Haushaltssatzung zustimmen. 

Sehr geehrte Damen und Herren, 
„Schwierige Zeiten lassen uns Entschlossenheit und innere Stärke entwickeln“, sagte Laotse. 
Lassen Sie uns gemeinsam mit der Landkreisverwaltung, sowie mit der Einwohnerschaft des Landkreises die vor uns liegenden Herausforderungen mit Entschlossenheit und Stärke angehen und zum Guten für unseren Landkreis gestalten! 

Zum Schluss meiner Ausführungen bedanke ich mich im Namen der SPD-Fraktion bei allen, die sich im und für den Landkreis in dieser schwierigen Zeit eingebracht haben. Bei Ihnen Herr Landrat Wolff, bei allen Mitarbeitenden der Verwaltung, der Schulen und weiteren Landkreiseinrichtungen. Ein besonderer Dank in diesen noch immer so schwierigen Zeiten geht an die Geschäftsführer und alle Beschäftigten der Alb Fils Kliniken. 

Ich wünsche Ihnen Allen geruhsame Weihnachtstage in diesen aufgeregten und ungewissen Zeiten, sowie alles Gute und viel Gesundheit, vor allen Dingen wünsche ich uns Allen Frieden in Europa und in der Welt im kommenden Jahr. 

 

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Heike Baehrens MdB