Für gute Bildung kämpfen

Veröffentlicht am 05.07.2017 in Ortsverein

Rund 30 Besucher folgten interessiert den Ausführungen des ehemaligen Kultusministers

Zukunft Schule

Um die Zukunft der Bildung und speziell der Schulbildung ging es in einer Veranstaltung des SPD-Ortsvereins im Foyer der Bürenhalle. Der gute Besuch an einem lauen Sommerabend dürfte wohl auf den Referenten, den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Stuttgarter Landtag und ehemaligen Kultusminister Andreas Stoch, zurückzuführen sein. Dieser führte kompetent, verständlich und begeisternd in die Materie ein. Parolen und simple Vereinfachungen waren nicht sein Ding.

Der Ortsvereinsvorsitzende Michael Schlichenmaier begrüßte die Gäste, darunter auch Bürgermeister Vesenmaier, die SPD-Kreisvorsitzende Sabrina Hartmann, die Schulleiterin Melanie Müller und die Konrektorin Petra Blessing. Auch hatten sich weitere Lehrer und Elternvertreter der Stauferschule zu diesem Abend eingefunden. BM Vesenmaier stellte in seinem Grußwort dar, wie mit dem Wachstum der Gemeinde auch die Schülerzahl gewachsen sei und mehrere bauliche Erweitungen der Schule vorgenommen werden mussten. Die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule sei in den vergangenen Jahren das erklärte Ziel der Gemeindeschulpolitik gewesen. Auch der Instanzenweg durch zwei Verwaltungsgerichte habe nicht den erwünschten Erfolg gebracht, und nun laufe in Wäschenbeuren die Werkrealschule langsam aus. Doch wolle man nicht den Kopf in den Sand stecken; in der Gemeinde glaube man an die Zukunft. Intensiv wolle man sich in den kommenden Jahren der Unterstützung und Förderung der örtlichen Grundschule widmen.

Es gebe kein wichtigeres Politikfeld als die Bildungspolitik, wenn wir in den nächsten Jahren erfolgreich sein und im Wettkampf der Nationen bestehen wollen, stellte Andreas Stoch zum Beginn seines Vortrags fest. Die Zukunft unserer Wirtschaft und Gesellschaft hänge weitgehend von der Bildung und Ausbildung der Jugend ab. In seiner Amtszeit als Minister habe man einige Stellschrauben betätigt, denn es sei vieles nicht in Ordnung gewesen. So war man in der frühkindlichen Bildung im bundesweiten Ländervergleich sehr weit hinten. Frühkindliche Bildung sei ein Menschenrecht, und Geld hierfür könne am effektivsten eingesetzt werden. Besonders wichtig sei die Sprachförderung, denn es kämen viele Kinder, deren Eltern nicht Deutsch als Muttersprache hätten. Es habe auch viel zu lange gedauert, bis die Sprachförderung in breitem Umfang durchgesetzt war. Für gute frühkindliche Erziehung brauche man gut ausgebildetes und gut bezahltes Personal. Auch auf diesem Felde habe sich schon etwas getan. Es sei nicht einzusehen, warum die in diesem Bereich Tätigen am wenigsten verdienen.

Die Grundschule sei in der Vergangenheit etwas in Vergessenheit geraten. Der Blick sei zu sehr darauf gerichtet gewesen, was ab Klasse 5 geschehe. Der ideologisch aufgeladene Streit, ob man die Kinder in drei Schularten sortieren müsse oder nicht, habe den Blick dafür etwas verstellt, dass die Kinder schon zehn Jahre alt seien und welche Chancen womöglich verpasst worden sind. So habe man in der Stundentafel des neuen Bildungsplans mehr Stunden für Mathematik und Deutsch in der Grundschule verankert. Doch es dauere immer eine gewisse Zeit, bis Reformen ihre Wirkung zeigten. Das Schreiben aus Stuttgart, die Lehrerschaft der Grundschule sollte sich tunlichst mehr ums Rechtschreiben kümmern, hätten viele Lehrer mit „dick angeschwollener Halsschlagader“ gelesen. Die Lehrer bemühten sich sehr, doch dazu seien Stütz- und Förderstunden notwendig. Gegenwärtig könne kaum einmal der Pflichtbereich gewährleistet werden.

Viele weitere Themen sprach der Referent in seinem einstündigen, fesselnden Vortrag an, von denen an dieser Stelle nicht ausführlich berichtet werden kann; die Idee und Zielsetzung der Gemeinschaftsschule, die Inklusion, die Digitalisierung, die Ganztagesschule... Er brach eine Lanze für die gebundene Ganztagesschule, die im übrigen in vielen europäischen Ländern gang und gäbe sei. An drei Tagen in der Woche würden in Baden-Württemberg in gebundenen Ganztagesschulen bis 15 Uhr alle Schüler in die Schule gehen. Der Unterricht könne rhythmisiert werden, Lernfächer und „Spaßfächer“ könnten sich abwechseln. die Hausaufgaben würden von professionellen Kräften betreut. Kooperationen mit Vereinen würden, wie viele positive Beispiele zeigten, eingegangen werden. Die offene Ganztagesschule, an der nicht alle Schüler teilnähmen, könne diese Rhythmisierung nicht bieten, sollen doch die Kinder, die am Nachmittag nach Hause gehen, nicht benachteiligt werden. Man habe diese Möglichkeit den Schulen angeboten, die sich fürs erste nicht für eine gebundene Ganztagesschule entschließen konnten. Die Schule mit Nachmittagsbetreuung ohne Lehrer könne nicht als Ganztagesschule bezeichnet werden.

An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an, in die sich viele Teilnehmer sachkundig einbrachten. Es ging beispielsweise um die Ausstattung der Grundschulen, Sinn und Unsinn der Digitalisierung, Senkung des Klassenteilers und vieles andere mehr. Eine besondere Herausforderung für den Referenten waren die Fragen. „Was brauchen unsere Kinder? Wie sehen unsere Arbeitsplätze in 20 – 30 Jahren aus?“ Er konnte darauf nicht mit hellseherischen Qualitäten punkten, doch meinte er, es gelte auch in Zukunft für gute Bildung und deren Finanzierung weiterhin zu kämpfen. Noch immer gebe es Kräfte, die die ganze Entwicklung zurückdrehen wollten: dreigliedriges Schulsystem, Schulschluss um 12.30 Uhr!

 
 

Heike Baehrens MdB