Elektromobilität in Wäschenbeuren – Chance vertan

Veröffentlicht am 04.03.2021 in Kommunalpolitik

Ja, es ist gut, dass endlich in Wäschenbeuren auch eine Elektro-Ladesäule aufgebaut wird. Und ja, es ist auch gut, wenn damit neben dem „Wäschi“ auch ein kleineres Fahrzeug im örtlichen Car-Sharing-Angebot zur Verfügung steht.

Den eingeschlagenen Weg halten wir allerdings für falsch. 

Vor über einem Jahr hatten alle Fraktionen im Gemeinderat einen Einstieg in die Elektromobilität gefordert, auch damals gab es auch schon eine Förderung des Landes. Leider hat es jetzt recht lange gedauert, bis die Gemeindeverwaltung das Thema wieder aufgegriffen hat. In der Gemeinderatssitzung vom 21.01.2021 konnte die Firma deer auf Einladung der Gemeindeverwaltung ihr Konzept präsentieren, welches von der Region Stuttgart gefördert wird. Ein Beschlussvorschlag lag nicht vor, Alternativen zum Angebot von deer wurden nicht aufgezeigt. Nach kontroverser Diskussion wurde dann von der Verwaltung mündlich der Antrag gestellt, den Vertrag mit deer zu schließen. Die SPD-Fraktion warnte vor dem Hintergrund, dass es sich bei deer um ein gänzlich anderes Buchungs- und Abrechnungssystem handelt,  davor, diese Entscheidung überhastet ohne die Prüfung von Alternativen zu treffen. Leider vergeblich. Nur unsere Fraktion stimmte geschlossen dem Antrag der Verwaltung nicht zu. Die Gemeindeverwaltung argumentierte dafür, u.a. auch, weil die Gemeindekasse (im Gegensatz zur Wäschi-Vermietung) nur gering belastet wird. Der Antrag wurde beschlossen, verbunden mit der Auflage noch zu prüfen, ob nicht eine Zusammenarbeit beim E-Fahrzeug mit dem Autohaus Bauer (Anbieter Wäschi) möglich wäre. Dies überließ die Verwaltung allerdings der Firma deer, die natürlich kein gesteigertes Interesse daran hatte, jemanden anderen mit ins Boot zu nehmen.

Das Resultat für die Bürgerinnen und Bürger aus Wäschenbeuren sieht folgendermaßen aus: wer sowohl den Wäschi als auch das E-Auto nutzen können möchte, muss mit zwei verschiedenen Systemen zurechtkommen: sich zweimal anmelden, mit zwei verschiedenen Buchungssystemen umgehen, zwei verschiedene Abrechnungssysteme verstehen. Das Ford-Carsharing des Wäschi gehört zum Netzwerk Flinkster (DB Connect) angeschlossen und bietet damit die Möglichkeit, in Deutschland, Österreich und Italien über 4.500 Fahrzeuge zu mieten. So lassen sich beispielsweise bei einem Städtetrip nach Berlin oder Hamburg auch dort Fahrzeuge mieten. Deer hat zur Zeit rund 250 Fahrzeuge im Einsatz, größtenteils rund um Calw, dem Sitz des Unternehmens. Bei beiden Diensten ist eine einmalige Anmeldegebühr zu entrichten (bei Ford Carsharing 49€, bei Deer 39€). Die Mietstunde bei deer für das kleine Fahrzeug soll 6,50 € kosten, der Wäschi schlägt mit 5,00 € zzgl. 0,21€ pro Kilometer zu Buche. Die vergleichsweise günstigen Preise beim großen Wäschi rühren natürlich daher, dass die Gemeinde die Anmietung subventioniert. Für das ökologisch sinnvollere E-Auto wurde dies leider gar nicht erst in Betracht gezogen.

Zusammengefasst hätten wir von der SPD uns gewünscht, dass die Entscheidung diesen Schritt zu gehen, welcher den Nutzerinnen und Nutzern ein Mehr an Aufwand und Kosten aufbürdet, nicht im Eilverfahren getroffen worden wäre. Stattdessen hätte ein Abwägen von Für und Wider unter Prüfung sämtlicher Alternativen erfolgen müssen. Ein Konkurrenzangebot hätte möglicherweise sogar eine positive Wirkung auf die angebotenen Preise gehabt. Ein 3-Stunden-Trip nach Göppingen oder Schwäbisch Gmünd schlägt letztlich bei deer mit rund 20,00 € zu Buche. Schade, wir hätten uns eine nutzerfreundlichere Lösung gewünscht.

 
 

Heike Baehrens MdB